Mit dem Mietauto durch den Südosten der USA
Nach der tollen Velotour quer durch die USA haben wir vor der Rückreise in die Schweiz noch etwas Zeit, mit dem Mietauto die Ostküste der USA und die Hauptstadt Washington D.C. zu erkunden. Wegen Hurricane Helene müssen wir unsere geplante Route anpassen und verbringen mehr Zeit an der Küste als vorgesehen. Aber so entdecken wir tolle Orte, die wir ansonsten wohl nie besucht hätten. Nebst einem Eulen-Highlight gibt es als Zugabe ganz am Schluss auch noch ein Schwarzbären-Highlight.
Der Shenandoah National Park liegt in den Blue Ridge Mountains in den südlichen Appalachen. Der dichtbewaldete Skyline Drive führt über 170 Kilometer entlang des Höhenzuges durch den gesamten
Park. Das schöne Wetter nutzen wir für ein paar Wanderungen und es verleitet uns nochmals zum Zelten innerhalb des Parks. Ein absolutes Highlight bietet sich uns auf dem Meadows Campground.
Minutenlang können wir eine Eule beobachten, die sich, leider erfolglos, auf ihr Abendessen am Boden konzentrierte (die entkommene Maus sieht das wohl etwas anders...).
Auf dem Weg südwärts halten wir an verschiedenen Orten, wobei wir in Greenville (South Carolina) eine zusätzliche Nacht verbringen. Ein tolles Airbnb mitten in einem ruhigen Wohnquartier haben wir hier reserviert. Wir packen nochmals unsere Velos aus und drehen eine Runde auf dem Swamp Rabbit Trail bis nach Travelers Rest. Es fühlt sich sehr gut an, wieder auf den Velos zu sitzen. Greenville ist eine Universitäten-Stadt und uns äusserst sympathisch.
Savannah wurde 1733 als erste Siedlung der britischen Kolonie Georgia gegründet. In den 1800er Jahren existierte hier der grösste Baumwollhafen der USA und Savannah war eine der reichsten Städte im Süden. Nach massiven wirtschaftlichen Turbulenzen im 20. Jahrhundert wurde Savannah neu entdeckt und bedeutende Investoren verhalfen der Stadt zu einem Comeback. Heute ist Savannah, nebst seinem bedeutenden Container-Hafen (der viertgrösste des Landes), vor allem für seine Universitäten bekannt. Uns fasziniert die historische Altstadt mit ihren renovierten Häusern und 'Squares'. Speziell sind auch die mit Eichen gesäumten Strassen und das Spanische Moos (auch Louisianamoos), das von den alten Bäumen hängt. Das Moos wurde früher als Verpackungs- oder auch Polstermaterial verwendet. Nach einer indianischen Legende handelt es sich bei dem Moos um das Haar einer Prinzessin, die am Tage ihrer Hochzeit von Feinden getötet wurde. Der Bräutigam soll ihr das Haar abgeschnitten und an einen Baum gehängt haben, von wo der Wind es über das ganze Land verteilt hat.
Auf der Weiterfahrt stoppen wir bei der 'Wormsloe State Historic Site'. Das Haupthaus dieser ehemaligen Plantage kann leider nicht besichtigt werden, da dieses heute noch bewohnt ist. Aber toll ist die mit 400 Eichen bepflanzte, 2.5 Kilometer lange Allee. Im Jahr 1891 wurden die Bäume gesetzt. Sie benötigen 50 Jahre bis zum Erreichen ihrer Grösse und weitere 20 Jahre bis zur vollen Ausbreitung. Die 'Southern Live Oak' verdankt ihren Namen der Tatsache, dass sie auch im Winter grün bleibt und keine Blätter verliert.
Mitten in einem Wohnquartier stoppen wir erneut und bewundern den 'Majestic Oak Tree'. Dieser soll zwischen 300 und 400 Jahre alt sein und ist in der Tat wunderschön und beeindruckend.
Wir fahren nach Tybee Island und beziehen für drei Nächte unsere Campsite auf dem River's End Campground. Dieser liegt in Gehdistanz zu Meer und Strand, zum Lighthouse und auch zum Dorfzentrum, was will man (und vor allem frau) mehr? Der 1736 erbaute und 44 Meter hohe Leuchtturm wurde 1931 elektrifiziert und ist für den Hafen von Savannah immer noch von grosser Bedeutung. Die Aussicht vom Turm auf Tybee ist sensationell. Und natürlich dürfen ein paar Strandspaziergänge nicht fehlen. Mit einem Kajak unternehmen wir einen Tagesausflug nach Little Tybee. Es ist Ebbe auf dieser Insel und es gibt viel zu entdecken. Und wir geniessen wieder das Camping-Leben.
Charleston wurde 1670 gegründet und nach dem englischen König Karl II benannt. Die Stadt wurde im Laufe des 18. Jahrhunderts zur Drehscheibe des Sklavenhandels. Heute gilt Charleston als ein Architektur-Juwel der Südstaaten. Was in Savannah die Eichen, sind in Charleston die Palmen, welche die Strassen säumen.
Am Morgen unserer Hotelübernachtung in Charleston begrüsst uns ein wunderschöner Fischadler beim Parkplatz.
Auf der Weiterfahrt machen wir einen Halt bei der Boone Hall Plantation. Boone Hall ist eine der ältesten Plantagen der USA, wechselte diverse Male die Eigentümerschaft. Die Ursprünge gehen auf das Jahr 1681 zurück. In den Anfangsjahren wurden Baumwolle und später Indigo angepflanzt. Am lukrativsten war aber die Herstellung von Backsteinen ab dem 19. Jahrhundert. Mit diesen wurde unter anderem die Stadt Charleston aufgebaut. Die Sklavenhütten beherbergten bis zu 12 Personen und waren nur für die bessergestellten Sklaven vorgesehen. Die übrigen Leibeigenen lebten in einfachen Holzhütten in den mückengeplagten Sümpfen. Es wird erwähnt, dass auf dieser Plantage bis zu 300 Sklaven tätig waren. Heute ist Boone Hall in privatem Besitz und der Öffentlichkeit zugänglich. Die Geschichte der Sklaverei wird eindrücklich erzählt. Ein trauriges Kapitel der amerikanischen Geschichte. Die Umgebung der Plantage wird heute landwirtschaftlich genutzt und den Besuchern auf einer Traktorfahrt gezeigt.
Gegen Abend treffen wir in Oak Island ein, gerade rechtzeitig zum Apero am Strand und einem tollen Sonnenuntergang. Am gleichen Pier geniessen wir am Morgen den Creamcheese-Bagel und Kaffee mit Aussicht aufs Meer.
Unser nächster Stopp ist Emerald Isle. In Emerald Cove haben wir für drei Nächte ein Airbnb reserviert. Die sympathische Familie Berger spricht perfekt Deutsch und vermietet die Einliegerwohnung in ihrem Einfamilienhaus. Wir fühlen uns sofort total wohl. Die Tage verbringen wir mit Velofahren, Spaziergängen am Strand und dem Beobachten der Fischer am Pier. Zudem unternehmen wir einen Ausflug zum Fort Macon. Highlights sind die tollen Häuser auf dieser Insel, die auf Fischabfälle unter dem Pier wartenden Haie sowie die fischenden Pelikane, die in atemberaubenden Tempo ins Meer stürzen. Zudem sehen wir aus Distanz Delfine und beobachten einen Fischer, der rund zehn Minuten mit einem Hai an der Angel kämpft, bevor der Hai dann entkommen kann. Gemäss Info unseres Hosts Eric tummeln sich hier alle Arten von Haien: von Schwarzspitzenhaien über Bullenhaie bis zu Hammerhaien. Unser Fazit aber lautet: fischen gehört hier an der Küste zum Pflichtprogramm.
Unser nächstes Ziel sind die North Carolina Outer Banks, eine schmale, 280 Kilometer lange Inselkette im Atlantik. Wir fahren nach Cedar Island und nehmen die 2-stündige Fähre hinüber nach Ocracoke. Dank des unverändert schönen Wetters können wir hier nochmals zwei Campingnächte geniessen, und dies unmittelbar am Meer. Ideal, um Nachts mit der Taschenlampe auf Krabbenjagd zu gehen... Dann gibts eine weitere, diesmal 1-stündige Fährenüberfahrt nach Hatteras Island. An diesem Küstenteil haben wir uns mit verschiedenen Fischern unterhalten. Doug hat einen 'Roten Trommler' erwischt, welchen er aufgrund seiner Grösse aber wieder ans Meer zurückgeben musste. Es war sehr unterhaltsam mit den Fischern, auch wenn einige von ihnen einen fast unverständlichen Südstaaten-Slang sprachen.
Sehr interessant war der Besuch von Kitty Hawk und Devil Hills, wo den Brüdern Wilbur und Orville Wright im Dezember 1903 der weltweit erste motorisierte Flug gelang. Mit dem vierten Testflug flogen sie in 59 Sekunden eine Strecke von rund 260 Metern.
Als ein absolutes Highlight unserer Rundreise entpuppte sich das Alligator River National Wildlife Refuge. Dieses Naturschutzgebiet erstreckt sich über eine Fläche von rund 620 Km2 und ist Heimat für unzählige verschiedene Wildtiere und Pflanzen. Zudem ist es ein wichtiges Rückzugsgebiet für Schwarzbären. Also, wer vermutet schon Bären in North Carolina, in dieser Klimazone und in der Nähe der Küste? Und wir haben sie gesehen! Bereits bei der Einfahrt in das Gebiet entdeckten wir mehrere Schwarzbären auf einem Stoppelfeld. Und bei unserer Tour quer durch die Büsche konnten wir während rund 15 Minuten einen Bären bei seiner Blätter-Mahlzeit auf einem Baum beobachten. Nur wir und der Bär, sensationell und unvergesslich!
Auf unserer Weiterreise Richtung Washington D.C. legten wir noch einen Stopp in Williamsburg ein. Diese Stadt spielte eine bedeutende Rolle in der Amerikanische Revolution von 1775 bis 1783. Colonial Williamsburg ist ein historisches Viertel und heute ein Freilichtmuseum. Hier hatten wir leider etwas zu wenig Zeit, um diese beeindruckende Kulisse näher zu erkunden.
Die letzten Tage vor unserer Rückkehr in die Schweiz verbringen wir in der Amerikanischen Hauptstadt. Zu unserer grossen Freude kommen Barbara und Richard aus Milwaukee (Wisconsin) vorbei und wir geniessen die gemeinsame Zeit. Wir haben eine Airbnb-Wohnung gemietet und erkunden Washington D.C. und die Umgebung. Die Stadt gefällt uns. Wir empfinden sie als ruhig, sauber und mit all ihren Parks, Museen und Regierungsgebäuden als sehr interessant. Wir klappern viele der Sehenswürdigkeiten ab, aber es gäbe noch viel mehr zu sehen.
Einen Tagesausflug machen wir nach Annapolis, der Hauptstadt des Bundesstaates Maryland. Die Stadt liegt an der Chesapeake Bay und ist Sitz der United States Naval Academy. Annapolis spielte eine bedeutende Rolle beim Ende des Unabhängigkeitskrieges 1783/84 und war kurzzeitig Hauptstadt der USA. Das State House ist das Älteste der USA.
Mit diesen Tagen in Washington D.C. geht eine tolle, lange Reise zu Ende.